Heute von unserem Gast- & Starautor Erwin
Nachdem ich Euch im Weihnachtsmärchen I und II von Erwins Ankunft
in Hamburg erzählt habe, kommt er heute selbst zu Wort und berichtet
von weiteren Abenteuern in unserer Stadt -
bis demnächst dann
Eure Kira
Erwin - A Time at the Opera
Was gleicht wohl auf Erden dem Hundevergnügen?
Wem dünkt wohl der Fressnapf des Lebens so reich?
Beim Klange der Hörner im Grünen zu liegen,
Karnickel zu jagen durch Dickicht und Teich,
Ist fürstliche Freude, ist hündisch Verlangen,
Erstarket die Glieder und würzet das Mahl.
Jo, ho! Tralalalala!
Tja, Leute, nich nur Weihnachten war super bei den Punks, wir haben überhaupt eine tolle Zeit da verbracht, immer mit allen möglichen Kumpels rumgetollt, durch die Wälder, durch die Auen, und mit den Mädels: ach, da hieß es nur: Komm – holder Rüde, lass mich dir blühen! (Naja, die meisten anderen waren ja kastriert – nicht, dass ihr denkt, ich bildete mir nun so waansinnich viel drauf ein).
Miss Orange (Polizeispitzin) wurde enttarnt und weggeschickt. Richtig böse waren wir ihr nicht. Wie sagte sie zum Abschied: Ich darf nicht wagen, mich zu beklagen - denn schwach war ich, obwohl kein Bösewicht.
Mr. Brown hat ein Auto erwischt. Ausgerechnet. Der war so brav, den habe ich sogar niemals bellen gehört. Tja, wie heißt es: Wer rein ist von Herzen und schuldlos im Leben, darf kindlich der Milde des Vaters vertraun!
Immer waren Gäste zu Besuch. Die unwillkommenen blieben länger. Flöhe sind mir böse Gäste! Immer mit leichtem Sinn, tanzen durchs Leben hin. Bzw. durch unser Fell. Manche merken einfach nicht, wann sie nerven!
So ähnlich dachten wohl auch die Politker. Leider keine Selbsterkenntnis – als es warm wurde, ließen sie den Bauwagenplatz abräumen. O, diese Sonne – furchtbar stieg sie uns empor! Alles löste sich auf – an den Arsch der Welt wollte ich nicht – da kam ich ja her. Aber: Mag Fortunas Kugel rollen; wer sich höhrer Kraft bewußt, trotzt dem Wechsel und Verlust!
Altona kannte ich ja jetzt ganz gut, also die Hundewiesen und Parks, und mit einigen Mädels da hatte ich schon lose Bande geknüpft... irgendwas wird sich schon ergeben. Dachte ich.
Und es ergab sich...nein, es begab sich: Ein Naturereignis! Zum Tot-Umfallen! Eine Schönheit nicht von dieser Welt! Model wäre zu wenig! (Warum war die noch nicht beim Film? Kommt da ihr Geruch nicht 'rüber??). In der Fresse Fransen – wie die Johansson, und hieß dann auch noch?: Scarlett!
Vom hübschen Damenbart schweige ich mal still, der hat nicht mehr so viele Fans, überhaupt haben heute viele Leute Probleme mit der Körperbehaarung. Aus Hundesicht eine durchaus problematisch zu nennende Entwicklung.
Zuerst, wie immer: Vorrei e non vorrei – mi trema un poco il cor, naja, schließlich das andiam, andiam mio bene... jedenfalls hat's gefunkt. Und wahre Liebende sind - unzertrennlich. Zumindest war ihr Herrchen (Bariton) gut dressiert, ein Blick von ihr, durchdringend und zu Herzen gehend, verbunden mit einer leichten Schräghaltung des Kopfes... To a wise one look is sufficient. Er kam wohl wie ich aus einer gottverlassenen Ecke Osteuropas, sicher, einige zeichnen sich durch geräumige Taschen aus, aber über ein geräumiges Herz verfügen wir dort alle.
So, von Politikern & Polizisten vertrieben, verfügte ich jetzt über 1 neue Geliebte, 1 neues Zuhause und 1 neues Herrchen. „Die Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“: so die Strategie Mefistofeles' – und des hamburger Senates? Oder handelt letzterer anti-mefistofelisch: die Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft...?
Was ist denn nun des Pudels Kern? ...irgendwie ist mir das zu hoch jetzt...
Außerdem habe ich gelogen. Ich hatte jetzt 2 Zuhause. Die neue Wohnung – und die kleine Oper, in der unser Bariton sang. Nur die Zuschauer gehen da bloß abends hin: die anderen arbeiten da, hämmern, singen, tröten, streiten, essen Mittag. Scarlett und ich haben uns aufs Mittagessen konzentriert, uns ausgeruht, dann gedöst, ein bischen rumgekabbelt und zwischendurch einfach geschlafen. Ich sach Euch, Leute: Entschleunigung! Ganz aktuelles Thema!
Also ich fands gut. Abgesehen vom Bellen ist doch nichts so Klasse wie die menschliche Stimme. Klar, bei einigen Sopranistinnen denkt man: Katzenalarm!
Aber, wie Schopenhauer bereits anmerkte, der Gesang spricht doch direkt zu unserer Seele, die Worte sind nur Beigabe und eigentlich überflüssig. Besonders die einsilbigen. Wie: Nein! Halt! Aus! Pfui!
Vergleichen Sie damit doch einmal die Wortmelodie von La ci darem la mano (Reich' mir das Pfötchen, Liebste) ...na, noch Fragen?
Wir durften, weil wir überhaupt so brav sind, manchmal zu den Abendaufführungen bleiben. Lag mit Scarlett hinter der Bühne, haben nichts gesehen, aber alles gehört – ach, wie herrlich: Liebe & Musik inspirierten uns zu einem Gedicht, dem 2. Hundegedicht der Welt
(das 1. ist von Mikki):
Die Augen geschlossen
Töne sind Schaum
Der Welt entflossen
im Probenraum...
Die draußen treiben ihre Possen
zur Zeit wird uns der Raum
Wenn man nicht ab und zu Hunger bekäme, würde ich Ewichkeiten in dieser poetischen Entrückung verweilen – in der Hoffnung auf wiederholte Entlohnung in Naturalien experimentierte ich dann im Genre der Lehr- und Reklamegedichte (unter Mitarbeit von Kira, muss ich gestehen):
Lob der Kammeroper
Wochenends, sehr gern mit Speisen
(& Getränken) ist die Zeit
sich zu beweisen:
gehört man schon zum alten Eisen?
Das will nicht hör'n die Eitelkeit!
So schubst die Oma dann den Opa
zwar nicht zu einer Wagneroper
wiewohl zum Quell der Hochkultur.
(Nicht Altbekanntes sehen. Nur.)
Ist schon ok, ich will ihn oft und gern lobpreisen
den häufigen Besuch der Kammeroper.
Es dunkelt, die ersten Töne kreisen,
Sie schließen die Augen, und was sehen Sie da?
Lauter Verrückte, die L'Italiana,
Tatiana, Violetta, Kleopatra,
Kaspar & Max: in Altona.
(Ach, Sie war'n noch gar nicht da?!)
Bezüglich der Kleidung: man ist nicht geziert.
Im Cäsar wird gar masturbiert.
Und alles in deutscher Sprache!
Das Ganze dauert auch nur so 2 Stündchen -
da ist zufrieden zu Haus auch das Hündchen.
(Und Sie erspar'n sich das Wischen der Lache).
So, liebe Leserinnen, toll, was? Le sue palme al vincitor!
Erwin venne, e vide e vinse.
Vielleicht könnte man hier&da noch am Rhythmus..
ach was, is ja bloß Reklame.
(SagnSema zu dem Grafiker aus der berühmten Werbeagentur Sch&Ar...:
Ach, Sie machen Reklame!?).
Weitere pikante Details aus dem Opernleben sowie Auszüge aus meiner bahnbrechenden Studie „Hunde in der Oper“ erfahren Sie in der nächsten Folge.
Euer Erwin
(Oh, che muso, che figura!)
PS: Auf Nachfrage - die Hundenamen im Weihnachtsmärchen wurdenTarantinos 'Reservoir Dogs' entlehnt.
Um weiteren Nachfragen zuvorzukommen: Zitate oben aus den Opern Freischütz, Parsifal, Don Giovanni, Giulio Cesare in Egitto,
L'Italiana in Algeri.